Was ist eine tantrische Begegnung?
Für uns Tantriker ist dieser Begriff oftmals schon zur Normalität geworden. Aber was ist anders als bei den „herkömmlichen“ Begegnungen?
In einer tantrischen Begegnung achten wir aufmerksam auf einander. Was geschieht in diesem Augenblick in meinem Inneren? Was spüre ich? Was passiert bei meinem Gegenüber?
Kann ich bei mir sein und gleichzeitig meine Aufmerksamkeit beim Gegenüber haben? In vielen Übungen geht es darum, sich mit seinen Gefühlen und Wahrnehmungen mitzuteilen. Dies kann z.B. geübt werden, indem einer den anderen berührt und gefragt wird „Was fühlst Du?“. Somit kann der Empfänger seine ganze Aufmerksamkeit in diesem Moment auf sein Inneres lenken und bewusst reinspüren, wie sich die Berührung gerade anfühlt. Er lernt Worte zu finden für seine Gefühle.
Wir lernen anzuhalten, wenn die eigenen Gefühle einen scheinbar überrennen. Das bewusste Atmen als Unterstützung zu nutzen, um wieder ganz im Hier und Jetzt anzukommen. Der Tantriker weiß, dass er jeder Zeit bewusst in seine Empfindungen, rein und raus gehen kann. Wir können die Situation verändern, ohne Opfer unserer Emotionen zu werden. Eine ganz einfache Übung ist dazu „Nähe und Distanz“. 2 Menschen stehen sich gegenüber und einer geht ganz langsam auf den Anderen zu, während beide permanent Blickkontakt halten. Diejenige Person die stehen bleibt, sagt irgendwann „Stopp!“, nämlich dann, wenn es ihr zu nah – bzw. zu eng wird. Tiefes bewusstes Atmen unterstützt den Prozess sich ganz auf das eigene Gefühl zu konzentrieren. Sie kann jetzt wählen, vergrößert sie den Abstand wieder oder möchte sie einen Schritt weiter gehen und den Abstand verringern. Diese Übung hilft dabei sehr gut zu spüren, wo bin ich nicht achtsam mit mir selbst, lasse ich es zu, dass meine Grenzen übertreten werden. Kann ich in diesem Moment gerade gut für mich sorgen?
Eine tantrische Begegnung lebt vom aufmerksamen Beobachten, Fühlen und dem Wissen handlungsfähig zu sein. Den Mut zu haben, nicht wegzurennen vor sich selbst, sondern sich so zu zeigen wie man ist. In tantrischen Begegnungen üben und lernen wir uns selbst treu zu bleiben. Umso besser uns dies gelingt, umso mehr kann die Liebe zu uns selbst wachsen und sich entfalten.
Nein, es braucht keine Rituale
Es gibt Menschen, die haben sich nie mit Tantra beschäftigt und dennoch gehen sie völlig tantrisch in sexuelle Begegnungen. Menschen, die schon länger im Tantra unterwegs sind, gelingt es möglicher Weise leichter, in ihrem Alltag öfters in der tantrischen Haltung zu sein. Dies kann ein bewusstes Atmen -, Spüren z.B. in die eigenen Füße, sich dem anderen schenken oder ein Hingeben sein. Wenn es einer Beziehung zwischen 2 Menschen gut geht, fällt es vielmals einfacher ohne große Vorbereitungen und Ritual sich tantrisch zu begegnen.
Doch was ist, wenn die Alltagssorgen einen beschäftigen, die eigene Kindheit nicht die leichteste war, kein Vorbild da war, der den Weg zur inneren Liebe gezeigt und gelebt hat? Woher soll dann ein Mensch wissen, wie das Lieben funktioniert? Wie sich die Liebe zu sich selbst anfühlt? Wie kann er erkennen, wann er liebevoll mit sich selbst ist und wann nicht?
Ja, Rituale sind wichtig
Genau hier unterstützen uns Rituale. Sie helfen uns, aus dem Alltag heraus zu treten, Gedanken und Begrenzungen loszulassen. Rituale helfen dem Herzen, sich zu öffnen, vor allem für sich selbst. In tantrischen Ritualen öffnen wir uns für unsere Spiritualität, die für jeden Menschen anders aussieht und bitten um Unterstützung, damit Heilung geschehen darf. Die negativen Erfahrungen, die oftmals tief in unseren Zellen gespeichert sind, können damit leichter aufgelöst werden. Umso mehr wir positive Erfahrungen erleben, Liebe von Menschen erfahren, umso einfacher können wir den Weg zur Selbstliebe verstehen und begreifen. Wir sind spirituelle Wesen. Es hilft uns, eine unsichtbare Kraft im Ritual einzuladen. Egal wie diese Kraft für den einzelnen Menschen heißt. Wir verbinden eine große Liebe mit dieser Energie. Und sobald wir uns für das Ritual öffnen und somit auf die tantrische Begegnung einlassen, können Dinge geschehen, die mit Worten nur schwer zu beschreiben sind. Gerade in Tantra Seminaren ist es eine große Unterstützung, dem ganzen Geschehen einen rituellen Rahmen zu geben. Ich glaube das ohne dem, die Menschen sich viel schwerer tun, ihre Herzen für die göttliche Liebe zu öffnen. Die Heilung der Selbst- Liebe/ Sexualität kann durch die Unterstützung eines Rituals leichter geschehen.
Text: Jane Seifert
Website: www.herzensfreude-lebenslust.com
Fühlen
Mit geschlossenen Augen spürte ich die Hände – die mich berührten,
Von weitem hörte ich heilvolle Klänge an meinem Ohr,
Gehört diese Hand einem Mann? Einer Frau? –
Ich weiß es nicht.
Ich war voller Hingabe, in diesen einen Augenblick.
Zärtlich, liebevoll streichelten diese Hände meinen Körper.
Ich war in einem Tempel der Liebe, in dem es nur das Eine zu fühlen galt.
Der Raum duftete himmlisch,
Wärme umschmeichelte meinen Körper,
Völlig entspannt und erfüllt,
Öffnete ich nach einer Zeit – die ich nicht zu fühlen vermochte –
Meine Augen.
Ich sah in ein von Liebe erfülltes Augenpaar und erkannte M-ICH.
(Jane)