Das hätte Regina Heckert nicht gedacht. Sie wollte beweisen, dass eine Frau bis ins hohe Alter sexuell aktiv und lustvoll leben kann. Aber dann machen ihr plötzlich die Wechseljahre einen dicken Strich durch die Rechnung. Sex tut auf einmal höllisch weh. „Bin ich als Tantralehrerin von Berufsunfähigkeit bedroht?“ fragt sie sich. Verzweifelt sucht sie Hilfe bei ihrer Frauenärztin…

Hier findest Du ihren Artikel. Wie es ihr heute, 15 Jahre später, ergeht, erfährst du ganz am Ende.

Hilfe, ich wachse zu!

„Hilfe, ich wachse zu! Kann das sein?“  Mit einem Blick aus Hoffnung und Verzweiflung lechze ich nach einer erlösenden Antwort. Derweil sitzt sie gelassen zwischen meinen weit geöffneten Schenkeln und begutachtet mein vom Abseits bedrohtes Wunderwerk der Schöpfung. „Kann sein“, antwortet meine anthroposophische Frauenärztin, die etwa in meinem Alter ist. „Viele Frauen sprechen nicht darüber. Sex tut auf einmal höllisch weh. Die Schleimhaut bildet sich zurück. Und tatsächlich wird die Scheide kleiner. Manche Frauen hören deswegen ganz mit dem Sex auf. Einige können sich tatsächlich nie mehr vereinigen. Haben Sie es schon mit Gleitgel probiert?“  Gleitgel? Gleitgel ist seit vielen Jahren mein täglich´ Brot.

Wenn Sex brennt wie Feuer

Bilder blitzen auf. Immer häufiger war es die letzten zwei Jahre passiert, dass ich beim schönsten, sanftesten und liebevollsten Sex abbrechen musste. Es brannte wie Feuer. Manchmal reichte schon ein Anklopfen an der Tür. Mit keinem Gleitgel der Welt gelang der gute Rutsch ins gelobte Land. Die körperliche Liebe wurde daraufhin immer noch vorsichtiger, bewusster, sanfter. Bis schließlich sogar die stille Anwesenheit des erigierten Penis ohne jegliche Bewegung mein Inneres zu verbrennen drohte. Blasenentzündungen häuften sich wie in den Honeymoon-Zeiten und machten meinen Unterleib zu einem flammenden Inferno. Und Angst kam auf, dass sich mein geliebtes Tor zur Lust für immer verschließen könnte. Deswegen bin ich schließlich zu Frau Salm gegangen. Ich wollte eigentlich hören, dass alles nur eine vorübergehende Erscheinung ist. Kein Grund zur Besorgnis.

Wer will es schon wahrhaben?

„Das können Sie mir nicht antun! Ich bin Tantralehrerin. Es kann nicht sein, dass ich zuwachse. Es darf nicht sein!“  Noch während die Worte verhallen, bohrt sich die Hiobsbotschaft schonungslos in alle meine Poren und Zellen hinein und übernimmt die Regie: Sirenen heulen auf. Der innere Notstand wird ausgerufen. Körper und Seele beben um die Wette. Aus heiterem Himmel eine Kriegserklärung ohne die geringste Vorahnung. Bombenalarm für ein lange gehegtes Selbstbild. Hilfe, ich werde ausgelöscht.

 „Aber…“  Tränen rinnen mir über das Gesicht, „mein Mann ist vierzehn Jahre jünger als ich. Das geht doch nicht! Verstehen Sie?“  Klar versteht sie. Ihr wissendes Gesicht verrät es. Wir sitzen doch im gleichen Boot. Wir alternden Frauen.

Wachse nur ich zu?

Ein Bäcker, der kein Brot mehr backen kann, wird wohl seinen Laden schließen müssen. Was ist mit einer Tantralehrerin, die nicht mehr ficken kann? Welches Amt ist in diesem Fall für die Berufsunfähigkeitsrente zuständig?  Oder zahlt etwa das Arbeitsamt? Was machen die anderen Tantralehrerinnen? Oder wachse nur ich zu? Warum um Gottes Willen hat mich denn keiner vorgewarnt? 

Jetzt weiß ich, was die Uhr geschlagen hat. Der Zahn der Zeit hat mich also ins Sex-Aus katapultiert. Mich, die in den kühnsten Jugendjahren ihren festen Vorsatz lauthals verkündete, dass sie selbst der lebende Beweis dafür sein wird, dass Frauen bis ins hohe Greisinnen Alter Spaß am Sex haben können.

Na ja, wenn ich ganz ehrlich bin, muss ich gestehen, dass das Ausgemustert werden schon vor einigen Jahren begonnen hat. Aber wer will es schon wahrhaben? Auf den Körper bezogene Komplimente ziehen sich klammheimlich ins Nirvana zurück, zunächst nur gelegentlich und unmerklich. Irgendwann gehört der Satz „Du hast den geilsten Arsch der Welt“, einfach nicht mehr zu dir. Und sollte er aus Versehen doch noch einmal… dann weißt du, es ist eine gut gemeinte Lüge und lächelst gequält zurück.

Macht die Natur Fehler?

Und auf einmal beginnt das geschulte Auge der älter werdenden Frau treffsicher alle noch so gut getarnten Männerblicke zu erhaschen. Dem Gebot der Natur folgend heften sie sich bei jeder Gelegenheit um pralle Formen junger Frauen. Selbst in meinen Seminaren rutschen bei Partnerwahl die älteren Frauensemester plötzlich in die Rubrik „schwer vermittelbar“. Der Strom der Männlichkeit wird einfach wieder du wieder zu den wenigen blutjungen Hübschen gerissen. Es ist logisch und sogar erklärbar, und ich erkläre es mir auch regelmäßig immer wieder selbst:  Warum sollte die Natur einen Fehler machen? Sie lotst zielsicher die Männer und ihren Samen dorthin, wo Fortpflanzung möglich ist – zu den jungen, anmutigen, reizenden, verlockenden Schneewittchen. So weit so gut. Das ist bereits verarbeitet und abgehakt.

Tropfneid?

Doch nun wird einfach noch eins draufgesetzt! Jetzt sind wir Frauen über fünfzig auch noch vom sexuellen Aussterben bedroht. Warum in aller Welt sollte sich ein Mann mit einer geschrumpften, vertrocknenden und schmerzverzerrten Yoni abmühen, wenn es bei Schneewittchen fließt und flutscht? Sigmund Freuds Stimme in mir konstatiert ganz ungeniert: „Tropfneid, meine Dame?“  Hat die Natur erneut Recht? Ist es (für die Fortpflanzung) nicht sogar folgerichtig, wenn das Tor sich verschließt, sobald das Monatsblut versiegt? Warum sollte die Natur dort mit ihren Talenten wuchern, wo sie niemals im wahrsten Sinn des Wortes auf fruchtbaren Boden fallen? Stattdessen macht sie eine klare Ansage: „Ab sofort geschlossen, hier geht es nicht weiter! Diese Frau ist fortan sexuell unter Verschluss. Mann, suche dein Glück auf leichteren Wegen!“  Umleitungsschilder zu Schneewittchen.

Durch das Sieb des sexuellen Begehrens gefallen

Alle Stiefmütter fallen, ob sie es wollen oder nicht, gnadenlos durch das Sieb des sexuellen Begehrens. Dass die Stiefmutter böse wird und verbittert, ist doch kein Wunder. Das muss doch jetzt wirklich jeder einsehen. Schneewittchen lauert plötzlich überall und wächst an allen Ecken und Enden der Welt schneller nach, als man es vergiften könnte. Interessiert sich überhaupt noch einer für die Frauen auf dem sexuellen Abstellgleis außer die Pharmaindustrie?

Ha, auch jedes noch so schöne Schneewittchen wird einmal zu einer bösen Stiefmutter. Der Zahn der Zeit malmt alles nieder. Kann mich so eine banale Wahrheit wirklich über den Verlust hinwegtrösten? Oder steckt in diesem Gedanken schon das Gift, das ich Schneewittchen entgegenschleudere? Anstatt ihm einfach wissend, weise und lächelnd, gelassen und tief in mir ruhend seine Vorzüge zu gönnen? Ich träume von meinen eigenen jungen Schneewittchenzeiten. Da habe ich mir immer mal wieder unverblümt und ganz nach Lust und Laune Männer älterer Frauen für ein Luststündchen ausgeliehen. Tränen rinnen über mein Stiefmuttergesicht und schmelzen den Tropfneid für paar Augenblicke weg.

„Kann man die Scheide nicht einfach wieder dehnen und öffnen? Es gibt doch auch Analdehner?“  Sie weiß, dass es nun fehl am Platz ist, falsche Erwartungen zu wecken. „Probieren können Sie es!“ antwortet Frau Salm kurz angebunden. „Ansonsten alles bestens!“  Sie entfernt ihr kühles Gynäkologenrohr und tastet noch da und dort.

Ob ein kleinerer Penis noch passen würde? ….

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Text: Regina Heckert

Webseite: www.befree-tantra.de

Sind Frauen über Fünfzig vom sexuellen Aussterben bedroht?
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Regina Heckert

Regina Heckert ist 1956 geboren. Sie hat bereits als junge Frau Tantra Rituale entwickelt und zelebriert, später dann auch Tantra im Außen gefunden und bei vielen Lehrern „studiert“. Ihre tantrische Arbeit wird ergänzt, erweitert, vertieft und bereichert durch die Anbindung an alte tantrische Texte und Überlieferungen, zeitgemäße spirituelle Weisheit und Lehren, sowie die Aufstellungsarbeit nach Bert Hellinger.

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One thought on “Sind Frauen über Fünfzig vom sexuellen Aussterben bedroht?

  • 25. März 2025 um 16:18
    Permalink

    Regina Heckert fragt: „Sind Frauen über Fünfzig vom sexuellen Aussterben bedroht?“
    Sorry, für mich ergibt die Überschrift keinen Sinn. Auch mein Mann Engelbert verseht sie nicht. Außerdem wird über fünfzig klein-, nur wenn es heißt „eine „Fünfzigerin“ oder eine über „Fünfzigjährige“ wird es groß geschrieben. Außerdem ist ein Artikel von vor 15 Jahren – auch durch die derzeitige Diskussion – völlig überholt, nur wenige Frauen erleben solche Horrorgeschichten.
    Ich bin gerade 89 geworden und hatte am 28.6.1985 meine letzte REGULÄRE Blutung. Damals wurde die „Feuerzeichenfrau“ idealisiert. Weil meine Mutter nach fünf Geburten völlig beschwerdefrei ins Klimakterium glitt, war ich von den sich verschärfenden Auswirkungen überrascht. Hitzewallungen, Tachykardie, und schlimme Schlafstörungen, aber nur etwas weniger Lust und keine trockene, schmerzende oder sich verkleinernde Scheide. Die viel gepriesene Silberkerze und Herzmedikamente halfen auch nicht. Schließlich überredete mich meine Gyn dazu, Hormone zu nehmen. 1986 waren das noch Hämmer, die Brüste taten weh und ich musste wieder Blutzoll zahlen.
    Meine Frauenärztin – seit April 1978 – ist heute noch von meiner feuchten Vagina begeistert. Wieso sich Anfang des neuen Jahrtausends nach Absetzen der Hormone meine Lust steigerte, ist mir rätselhaft. Ja, und Engelbert (75) und ich pflegen noch manchmal der Liebe. Unsere Fotos als Paar sind schon fast um die Welt gegangen, von Kanada bis Südkorea und Japan. Einfach Nila Sebastian und oder About Mirjamaria Thiel im Netz suchen.

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