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Monogamie, Polyamorie oder Reise zum Selbst?

Der aktuelle Zeitgeist bringt es wohl mit sich, dass Beziehungen sich stetig verändern. Sexuelle Aktivitäten unserer Großeltern und Eltern waren noch sehr von starren Konventionen geprägt und fanden meistens erst nach der Eheschließung statt. Die sechziger Jahre brachten eine gewisse sexuelle Befreiung, doch auch danach galt die monogame Beziehung für viele Menschen als einzige Möglichkeit.

Mit der Ausbreitung von Tantra im Westen und der Befreiung der Menschen von starren und einschränkenden Dogmen, wie Beziehungen auszusehen haben, entstand eine neue Beziehungsform – die Polyamorie. Polyamorie bedeutet, dass Mann oder Frau mehrere Partner gleichzeitig haben, mit mal mehr oder weniger verbindlichen Regeln und Absprachen. Im Gegensatz zum heimlichen „Fremdgehen“ weiß jede(r) Beteiligte, dass es noch einen anderen Partner gibt und oftmals kennen diese sich auch untereinander, was sicherlich für alle Beteiligten eine faire und ehrliche Sache ist.

 

Was bewegt Menschen nun, mehrere Beziehungen einzugehen?

Polyamorie befürwortende Menschen argumentieren oftmals, dass die Liebe mit mehreren Menschen geteilt wird und dadurch nicht weniger, sondern mehr wird. Liebe – wirklich von Herzen gefühlte und gelebte Liebe – ist immer frei und schließt nichts und niemanden aus, sondern mehrere Menschen ein. Doch braucht es dafür wirklich auch die körperliche, sexuelle Liebe mit mehreren Menschen? Und geschehen nicht gerade in diesem Bereich die meisten Verletzungen? Gibt es dafür nicht andere Alternativen? Eine Alternative könnte z.B. sein, sein sexuelles Defizit oder den Mangel an Berührung durch eine Tantramassage auszugleichen. Sicherlich sehnt sich jeder liebende Mensch auch nach Erfüllung auf der körperlichen Ebene. Doch ist er dabei wirklich frei und fest in der Liebe verwurzelt, oder sucht er vielmehr etwas Fehlendes in sich selbst durch jemand anderes im Außen zu befriedigen?

Ein weiteres Argument für polyamore Beziehungen ist, dass ein Partner meistens nicht alle Erwartungen und Bedürfnisse erfüllen kann; deshalb sucht Frau oder Mann sich eben das in der bestehenden Beziehung Fehlende bei einem weiteren Partner oder Partnerin. Doch immer wo es zu erfüllende Bedürfnisse gibt, gibt es auch etwas Fehlendes im Menschen selbst, einen Mangel, eine Suche nach der Liebe im Außen, eine Suche nach dem wahren Selbst, den der polyamor veranlagte Mensch zwar wahrnimmt und spürt, jedoch nicht in sich sucht, sondern im Anderen, im Außen. Wer mit sich im Kontakt ist, seinen Körper entdeckt und zu lieben gelernt hat, wer auch mit seinen sexuellen Energien experimentiert hat und seine Lust zu befriedigen weiß, der ist unabhängig und braucht eigentlich nichts im Außen. Dann ist es vielmehr ein Teilen von Herzensliebe und Sexualität, wozu ich Menschen, insbesondere Frauen, immer wieder ermutige.

Ich möchte damit keineswegs polyamore Beziehungen bewerten oder verurteilen, sondern Menschen anregen, darüber zu reflektieren, was im Hintergrund läuft und zu sensibilisieren für das, was in einer Beziehung wirklich wichtig ist und angestrebt wird. Will ich mich wirklich auf einen Menschen voll und ganz einlassen, mich total hingeben und mit ihm Eins-werden, oder suche ich im Außen nur eine Ersatzbefriedigung? In unserer heutigen, schnelllebigen Zeit geben viele Menschen sich mit oberflächlichen Ersatzbefriedigungen, wie zu viel Essen, Alkohol, Drogen, Kauf- und anderen Süchten zufrieden, nur um sich selbst aus dem Wege zu gehen und sich nicht zu spüren! Wir konsumieren nicht nur all diese Dinge, sondern Liebe und Sexualität wird auch zu einer Konsumsache!

Letztendlich ist alles im Leben Erfahrungssache. Ich selbst hatte zweimal im Leben auf meiner tantrischen Reise, jeweils 2 Beziehungen mit 2 Männern gleichzeitig. Ich habe es nie angestrebt oder danach gesucht, es hat sich vielmehr als Lernprozess bei mir ergeben. Dabei wurden mir zwei gegensätzliche Muster bewusst und ich konnte sie im Laufe der Zeit auflösen. Von einer einengenden monogamen Ehe kam ich zur Polyamorie und nach meinen Erfahrungen damit fand ich auch wieder zurück zur Monogamie.

 

Worum geht es im Tantra wirklich?

Den meisten Singles geht es darum, in einem Tantraseminar eine(n) Partner(in) zu finden und vielen Paaren geht es in erster Linie um Lustgewinn und Luststeigerung, was ja auch alles seine Berechtigung hat. Mein erstes Tantraseminar besuchte ich auch genau aus diesem Grund. Doch sehr schnell erkannte ich, dass es um mich geht. In der Begegnung mit dem Du war ich mit all meinen Ängsten, Hemmungen und Schamgefühlen konfrontiert. Und dennoch haben die Begegnungen mit anderen Menschen und die schönen, sinnlichen Rituale mein Herz so tief berührt, dass Tantra mich nie wieder losgelassen hat. Ich lernte mich selbst immer besser kennen, spüren und lieben. Alle Menschen, die mir begegneten, waren ein Spiegel meiner Selbst und in manch einen Spiegel mochte ich gar nicht schauen…. Doch jede Erfahrung, die ich machte, ließ mich reifen und wachsen und immer mehr zu mir selbst und zur Liebe finden. Ähnlich verhält es sich mit polyamoren Beziehungen. In jedem Menschen, dem wir begegnen, suchen wir nach uns selbst – unser Selbst zu erfahren und zu entdecken durch die Begegnung mit dem Anderen.

Es geht vor allem im Tantra nicht um ein zügelloses Ausleben der Lust und Verschwenden der Sexualenergie, sondern um einen bewussten und kontrollierten Umgang damit. Sich nicht von den eigenen Trieben steuern lassen, sondern lernen damit selbstbestimmt umzugehen. Nicht den Trieben die Macht geben, sondern selbst Macht über die Triebe zu gewinnen.

Wenn zudem Themen in einer Beziehung auftauchen, wie z.B. Verlust- und Versagensängste, Eifersucht oder Neid und von unseren ersten Vorbildern, den Eltern übernommene Verhaltensmuster, sollten diese angeschaut und transformiert werden. Oftmals ist es dann so, dass diese auf den anderen Partner projiziert werden und auch, dass bei mehreren Partnern ein ganzes Knäuel von Verstrickungen entstehen kann. Wer wirklich ernsthaft am Gelingen seiner Beziehung bemüht ist, kommt nicht umhin sich seine Themen und Muster, sowie hochkommende Verletzungen aus der Vergangenheit anzuschauen und das erfordert viel Aufmerksamkeit und stetiges Reflektieren über die Ereignisse.

Bei mehreren Partnern wird das schwieriger und Verwirrung entsteht. Auf der energetischen Ebene findet ja auch ein Austausch statt. Energien von mir bleiben beim anderen, was meine eigene Kraft verringern kann und Energien haften auch von anderen an mir, die mich nicht frei sein lassen. Dieses darf keinesfalls unterschätzt werden!
Damit das höchste Ziel im Tantra – die heilige, göttliche Vereinigung und Einswerdung mit dem Partner entstehen kann und die Sexualkraft zur Selbsterkenntnis und Erleuchtung genutzt werden kann, braucht es ein offenes, liebendes Herz, Heilung im sexuellen Bereich, wo viele Verletzungen entstanden und gespeichert sind, ein stetiges Aufladen der eigenen Energie sowie Transformation von alten Themen und Mustern bei beiden Partnern und das erfordert selbst in einer monogamen Beziehung ganz viel Achtsamkeit, Präsenz, Wachheit, Ehrlichkeit und wahrhaftige Liebe.

 

Text: Parvati Margarete Florschütz

Webseite: www.living-tantra-vision.de

Bilder: Fotolia

Monogamie, Polyamorie oder Reise zum Selbst?
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7 thoughts on “Monogamie, Polyamorie oder Reise zum Selbst?

  • 27. April 2017 um 21:09
    Permalink

    Danke für den wundervollen Artikel.
    Vieles fühle ich auch so – dein Erfahrungbericht gibt mir den Mut, meinem Gefühl zu vertrauen.
    Somit bin ich auf meinem „Richtigen Weg“ egal was andere sagen…
    Herzlichen Dank & Liebe Grüße
    Anja

    Antworten
  • 13. Juli 2017 um 10:33
    Permalink

    Hallo Parvati Margarete Florschütz,
    ich speichere mir selten Texte, obwohl ich viele Beiträge lese. Gerade und besonders zu den Themen Tantra und Beziehungen …
    Deinen hab ich mir aber jetzt doch „gesichert“. Und wenn es „nur“ darum geht, jemand Außenstehenden die Hintergründe und Differenzierungen erklären zu können.
    Du hast das hier absolut treffend beschrieben! Das regt mich auch wieder an, über meine Motivationen wieder neu nachzudenken.
    Vielen Dank!

    Liebe Grüße,

    Klaus Popp, Würzburg

    Antworten
    • 14. Juli 2017 um 12:25
      Permalink

      Lieber Klaus Popp,
      vielen Dank für Dein Feedback zu meinem Artikel. Es freut mich sehr, dass er für Dich eine Inspiration ist.
      Herzliche Grüße und alles Liebe auf Deinem Weg
      Margarete Florschütz

      Antworten
  • 21. September 2017 um 9:03
    Permalink

    Das ist auch meine Erfahrung auf meinem Weg; meine Motivation, die sogenannte „Freie Liebe“ zu leben, wurde durch einen Satz in mir gestärkt, den ich in einer Meditation empfing, der sinngemäß lautete: „Schenke deine Liebe allen, die sich danach sehnen.“ Für mein Empfinden war das eine direkte Botschaft meines Herzens(für mich von Christus in mir) an mich; Es heißt so oft: folge deinem Herzen und dieser Satz tönte aus meinem Herzen. Ich brauchte jedoch einige Jahre, um zu verstehen, was damit wirklich gemeint war; dass damit nicht auch das Ausleben der Sexualität gemeint war, sondern es ging um Liebe. Mir ist es ein Anliegen, darauf hinzuweisen, wie wichtig es ist, die Botschaften des Herzens richtg zu deuten; es ist so leicht gesagt, dass wir nur unserem Herzen folgen müssen.

    Antworten
    • 21. September 2017 um 11:05
      Permalink

      Lieber Johannes Reher, ja, da hast Du absolut Recht. Im Tantra geht es ja auch darum, Herz und Sex miteinander in Einklang zu bringen, doch die Realität sieht oftmals anders aus. Und zum anderen ist es ja auch so, dass der Mann erstmal sexuell orientiert ist und seine Liebe der Frau gegenüber durch den Lingam ausdrückt. Wenn eine Frau ihre Verletzungen im Schoßraum geheilt hat und den Lingam des Mannes mit Freude empfängt, dann ist sie auch in der Lage ihre Liebe aus dem Herzen an ihn bedingungslos zu schenken. Der Mann empfängt diese Liebe im Herzen und wenn er seine Verletzungen im Herzen geheilt hat, dann kann er sich auch für die Herzensliebe zur Frau öffnen. Daraus entsteht ein Kreis von gegenseitiger Liebe – Geben und empfangen und auch die Sexualität wird dadurch schöner und intensiver, wenn wirklich Liebe zwischen 2 Menschen fließt.
      Ich wünsche Dir von Herzen alles Liebe
      Margarete Florschütz

      Antworten
  • 5. Oktober 2020 um 0:58
    Permalink

    was ich in den letzten drei jahren mit einer wunderbaren frau erleben durfte war außer gewöhnlich! wir waren ein mongames tantrisches paar.

    nun gehen wir jede*r seinen eigen weg. ich kann es am besten mit den englischen worten

    sex beyond sex beschreiben es ging nicht merh um höhepunkt, um lustvolle erschöpfung es ging um schwingungserhöhung und den start in eine neues dimension.

    ich bin unendlich dankbar für diese erlebnisse, von denen ich während meiner ausbildung zum tantralehrer nicht einmal zu träumen gewagt hätte.

    ich wünsche euch alles glück auf dem tantrischen wege.

    swami amanojas peter

    om tat sat

    Antworten
    • 7. Oktober 2020 um 18:32
      Permalink

      Lieber Swami Amanojas Peter,
      herzlichen Dank für Dein Feedback und das teilen Deines Erlebnisses und Deiner Erfahrung. Ja, von meinem Verständnis her, soll sowohl der tantrische Weg, als auch der Yogaweg dahin führen, wie Du es so treffend formuliert hast „sex beyond sex“. Es geht um einen achtsamen Umgang mit der Sexualkraft, weder Unterdrückung noch exzessive Ausschweifung – dann ist man Meister über seine Energien geworden.
      Namasté und alles Liebe
      Parvati

      Antworten

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