Über Geld spricht man nicht
Über Geld spricht man nicht. Und schon gar nicht in spirituellen Kreisen. „Der schnöde Mammon“ verdirbt den guten Charakter, und der wird ja auf der Reise nach innen und hin zur Erleuchtung oder zumindest hin zur Erleuchtungsnähe dringend gebraucht. Da und dort wird gemunkelt, das Thema Geld (mit allen darum kreisenden Glaubenssätzen) sei noch schwieriger als das Thema Sex. Da hält man sich doch eher an den viel wichtigeren inneren Reichtum.
Auf dem spirituellen Weg treffen oft betriebswirtschaftliche Ahnungslosigkeit und Idealismus aufeinander. Weltverbesserungsvorhaben sollen dabei mit möglichst weltfremden Methoden erreicht werden. Bei diesen tollkühnen Versuchen platzen so manche Träume und werfen die Träumer zurück auf den Boden nackter Tatsachen.
In jungen Jahren habe ich mich ebenso ahnungslos in die Selbständigkeit begeben. Ich liebte Tantra und wollte es mit Begeisterung in die Welt bringen. Mein sicheres Beamtenleben streifte ich ab wie ein zu klein gewordenes Kleidungsstück und stand plötzlich mitten in einer großen Welt mit schier unendlich scheinenden Möglichkeiten.
Während meiner Zeit als Lehrerin hatte ich nebenbei schon viele Jahre lang Tantraseminare gegeben. Da ich finanziell nicht darauf angewiesen war, handhabte ich es locker. Die Seminare waren gut besucht. Erst als ich den Sprung in die Freiheit gewagt, und mein Lehrerdasein beendet hatte, wendete sich das Blatt. Jetzt „brauchte“ ich plötzlich das Geld meiner Seminarteilnehmer/innen, um meine Existenz zu sichern. Doch wie durch Geisterhand schrumpften meine Gruppen und ich stand plötzlich mit einem Berg Schulden da. Meine letzten hundert Mark warf ich in einem Akt von Verzweiflung in die Kasse eines verdutzten Bettlers am Straßenrand. Und atmete erleichtert auf.
Ich weiß heute gar nicht mehr, woher der Geldfluss dann wiederauftauchte. Mittellos und voller Schulden kämpfte ich mich tapfer durch. Ich besuchte mehrere Jahre lang Seminare zum Thema Geld und beruflichen Erfolg. Einen hinderlichen Glaubenssatz nach dem anderen entlarvte ich. Auch wenn ich es mir nicht leisten konnte, buchte ich einen Coach, der mir im Schnelldurchgang innerhalb von zwei Jahren ein paar nötige betriebswirtschaftliche Kenntnisse beibrachte und mich zu Statistiken zwang, die noch bis heute Unbehagen in mir auslösen. „Wenn Sie karitativ unterwegs sein wollen“, meinte er, „dann bin ich nicht der richtige für Sie!“. Er lies mich errechnen, wieviel Geld mich jeder meiner Seminarteilnehmer kostet. Auf die Idee, dass mich Menschen, die in meine Gruppen kamen, vorher schon richtig was kosten, war ich wahrlich nicht gekommen. So listete ich also Bürokosten, Personalkosten, Fortbildung, Anschaffungen, Werbung und vieles mehr auf. Und ich war überrascht, dass die Seminargebühren, die ich einnahm, nur zu einem Teil mir selbst gehörten. Das Finanzamt mit seinen unerbittlichen Steuerprüfern hatte in diesen mageren Jahren noch nicht einmal seine Fangarme nach mir ausgestreckt.
Ich musste Marktforschung betreiben und meine Seminargebühren dem Markt anpassen und anheben. Das fiel mir unglaublich schwer, ja ich hatte fast Schuldgefühle. Immer noch ermöglichte ich es großzügig, vermeintlich armen Leuten umsonst oder zu ganz geringen Gebühren mitzumachen. Erst allmählich lernte ich bei den Anfragen zu unterscheiden, wer wirklich „bedürftig“ war, und wer direkt nach einem „Tantraseminar zum Nulltarif“ für drei Wochen in Urlaub zum Tiefseetauchen fuhr. Geben und Nehmen kamen allmählich in ein gutes Gleichgewicht. Erst spät begriff ich, wieviel der berufliche Erfolg mit dem Verhältnis zur eigenen Mutter und besonders den Kleinkindjahren zu tun hat. Viel innere Arbeit bestimmte meine beruflichen Aufbaujahre.
Ich finde es auch heute noch richtig, dass Tantra über die Jahre durch steigende Kompetenz der Seminarleitung mehr kosten darf. Und dennoch scheint es eine obere Grenze zu geben, die der Markt diktiert. Denn es kommen für die Teilnehmer ja noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Fahrt dazu. In dieser Hinsicht habe ich stets erschwingliche Seminarhäuser gebucht, damit Tantra für jeden möglich wird und nicht nur für Wohlhabende.
Einmal im Jahr gibt es neuerdings ein Festival zum Selbstkostenpreis, denn mein Mitgefühl für Leute mit finanziellen Engpässen ist aus eigenem Erleben geblieben. Zudem kann man ermäßigt als Helfer oder unter den erforderlichen Voraussetzungen ohne Seminargebühr als Assistent dabei sein. Bei allen Seminaren gibt es günstigere Angebote für Leute, die häufiger kommen wollen – Mengenrabatt sozusagen.
Ansonsten kosten meine Seminare ihren rechtmäßigen Preis. Ich freue mich heute, dass ich als Geschäftsfrau erfolgreich geworden bin und von einer Arbeit, die mich tief erfüllt und meinem Inneren entspringt, gut leben kann. Dafür habe ich viele karge Jahre in Kauf nehmen müssen. Letzten Endes ist das, was wir alle zusammen heute bei den einzelnen Seminaren erleben und miteinander teilen sowieso unbezahlbar. Aber auf der rein menschlichen Ebene fühlt sich ein angemessener Ausgleich richtig und wichtig an und hält die Beziehungen rein und sauber.
Text: Regina Heckert
Webseite: www.befree-tantra.de
Liebe Regina,
von Herzen geschrieben! Du hast inzwischen großen Erfolg mit deiner Tantraschule. Trotzdem bist du nicht „abgehoben“ und schon gar kein „Guru“ geworden, sondern ganz und gar menschlich geblieben! Qualität hat ihren Preis und nicht immer stimmen Preis und Qualität überein. Bei Befree stimmt alles.
Über Geld spricht man nicht? Solche „Angebote“ sind zumeist überteuert oder qualitativ minderwertig oder beides. Du sprichst auch über den finanziellen Aufwand deiner Seminare und machst es für jeden ehrlich Interessierten erschwinglich und attraktiv.
So lernt man hier nicht nur sich selbst besser kennen, sondern ganz nebenher auch marktwirtschaftliche Aspekte, die sich stimmig anfühlen.
Genau: Auf menschlicher Ebene ist Tantra, so wie es Befree anbietet, ohnehin unbezahlbar kostbar!
Danke von ganzem Herzen!
Petra L.
Liebe Petra, ganz lieben Dank für Dein schönes Feedback. Schön, dass Du die Artikel liest und Dir sogar Mühe machst, darauf zu antworten! Herzensgrüße und ein gutes Ankommen im Alltag nach dem Festival!
Regina
Liebe Regina!
Dein Artikel spricht mir aus der Seele.
Seit einem Jahr baue ich ganz langsam mein zweites freiberufliches Standbein auf, lerne ein riesiges Lernfeld kennen und kämpfe mit meinem schlechten Gewissen, weil ich aus den von dir genannten Gründen die Preise entsprechend hoch gestalten muss…. ….ich hab doch noch kaum Kunden. Wer kann das zahlen? ….. Meine innere Kritikerin war in Hochform bis ….. eine Bekannte mir die Tipps gab, dass a) die Preise meinen gefühlten Eigenwert widerspiegeln und b) ich mich an der Preisgestaltung meiner männlichen Kollegen orientieren solle, damit das Ringen mit dem Eigenwert gedämpft wird. Ja, das funktioniert irgendwie ganz gut.
Freiberuflichkeit ist ein herausforderndes Lernen im Aussen und im Innen.
Vielen lieben Dank für Deine Seminare, in denen ich das innere Kennen-Lernen unterstützt vertiefen kann.
Hertliche Grüße!
Claudia W.
Liebe Claudia,
der Aufbau einer Selbständigkeit braucht in der Regel einen langen Atem und auch die Kraft, Phasen der „Dürre“ durchzustehen. Mit zunehmender Erfahrung wächst das innere Selbstwertgefühl mit, und dann wird es auch leichter, angemessene Honorare zu nehmen. Zu Beginn ist es gar nicht schlecht, das eigene Angebot günstig anzubieten, damit überhaupt Leute kommen können und den Wert Deiner Arbeit erkennen können. Kommt irgendwann die Mund zu Mund Propaganda dazu, dann hast Du es geschafft! Ich drücke Dir ganz fest die Daumen, denn Du machst Deine Arbeit so engagiert und mit Herzblut!
Liebe Grüße
Regina