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Tantra im Alltag oder wo bin ich grade?

Es sind eher unspektakuläre Weisen, wie ich Tantra wirklich in meinen Alltag bringe und hat weniger zu tun mit Räucherstäbchen und edlem Massageöl. Obwohl es das natürlich auch gibt. Mir geht es zuerst um Achtsamkeit, das meint auch Sinneswahrnehmung, Fühlen und Genuss.

Achtsamkeit im Inneren

Oft erwische ich mich, wie klein und eng meine Atmung ist. Dann inne zu halten, tief zu atmen, gönne ich mir. Ja und da gibt es manchmal die kleine Angst, irgendwas Schlimmes zu fühlen. Zumeist unberechtigt! Mir immer wieder kleine Pausen zu gönnen, besonders zuhause im Funktionsmodus.  Dann in der Hängematte meines Wohnzimmers für die Länge eines Espressos nichts zu tun. Überhaupt das Gefühl zu genießen, nichts zu tun, ist DIE Erfahrung. Da komme ich meist mit meiner Quelle in ganz stillen Kontakt. Das gelingt jedoch nicht als Rezept. Genauso sind Sauna (Augen- und Körpergenuss) und Spaziergänge (Augen- und Seelengenuss) wunderbar für mich. Unabhängig von Jahreszeiten mich freuen an der Schönheit und Abwechslung der Natur und der Menschen.
Die Freude genau JETZT zu fühlen, diesen Artikel zu schreiben, zähle ich genauso dazu wie dabei auch etwas Aufregung und Entschlossenheit dabei. Mehrere Gefühle gleichzeitig dürfen sein. Ich darf mir das Wichtige darin aussuchen und darf dabei sogar „falsch“ liegen.

Achtsamkeit im Außen

Ein Altar gehört dazu in meinem Wohnzimmer und Blumen gibt es auch fast immer. Schon für mich alleine ist das wichtig. Das ist eher Ausdruck meiner inneren Haltung als der Versuch, diese von außen zu beeinflussen.
Es kommt vor, dass ich mich verliere in mir oder der Weiblichkeit in unangenehmer Weise. Dann ist das Wirksamste, die Männerbindung neu zu beleben. Das seit einigen Jahren zweiwöchige Telefondate mit meinem Freund geht auch schon mal zwei Stunden. Oder auch wieder in der Sauna sein – mit Mann. Menschen möglichst zu meiden, die mir dauerhaft kraftraubend und möglichst wenig hektisches Stadtleben sind Verhaltensweisen, mich zu schützen.
Und Internet? Du findest mich nicht auf Facebook etc.! Mir sind diese sozialen Medien suspekt, eher oberflächlich und wieder Energie raubend. Andererseits liebe ich die e-Group meiner Ausbildungs-gruppe, auch Rudel genannt. Joyclub oder meine eigene Homepage gehören dazu. Ebenso Emails, besser Telefon, noch besser Skype. Ich höre gerne die Stimme, sehe gerne das Gesicht zu dem, was du sprichst.

Beziehungen und Begegnungen

Begegnung mit Menschen? Mit meiner Freundin gestalte ich oft Berührungsrituale. Elemente dabei sind ganz sicher schöne Musik, Kerzen, ein schönes Tuch auf dem Bett verdeutlicht damit die Besonderheit des Ortes. Jeder dient dem anderen, es geht oft um Freiheit, wo und wie gewünscht ist, Haut zu ölen, zu cremen, Zuwendung und Bindung zu pflegen. Wir könnten uns genauso lausen wie Affen. Manchmal verändert sich das auch in Sex, meist ist es Spiel, hat Spaß und Genuss. Danach meist einkuscheln und friedlich gemeinsam schlafen. Wenn ich meinem Drängen nach Sex, Ejakulation oder Superorgasmus nicht erliege.
Mit anderen Menschen kann es in Begegnungen auch schonmal ein Setting geben: meine Matte, deine Matte (sicherer Rückzug), gemeinsame Matte (Begegnung egal was ist). Solches Szenario ist direkte Übertragung aus Erfahrungen meiner Trainings. Bewirkt immer wieder Wunder, weckt Erstaunen beim Gast und dazu Vertrauen. Der Ausgang ist unbekannt, auch wenn es Wünsche gibt, der Weg kann immer eine neue Richtung nehmen. Das tut er und meist weniger als ich befürchte. „bon voyage“ höre ich meinen englischen Lehrer sagen. Ich finde, jeder ordentliche und sicher jeder unordentliche Tantriker sollte drei Matten zuhause bereit haben. Zumindest ein inneres Gewahrsein, das diesem Setting entspricht.

Wo bin ich grade – Innen und Außen

Es liegt an mir, mein Erleben zu gestalten, von angenehm bis unbequem. Bemerkst du, dass da kein entweder/oder drin ist, eher sowohl/als auch? Den „Schieberegler“ höre ich meinen deutschen Lehrer sagen. Überhaupt mein Gewahrsein für Polaritäten (ich liebe sie grade) zu schärfen und diesen achten Sinn zu nutzen in allen möglichen Begegnungen und Zuständen. Wo bin ich grade, innerlich – und was gibt es zudem und könnte es noch geben? Das ist eher die Haltung, alles Mögliche dazu zu nehmen und immer weniger auszuschließen in meinem Erfahrungsraum.  Was ganz sicher bedeutet, auch zu integrieren, was ich eher mit unangenehm bewerte, besonders Angst und Scham. Die Schamlosigkeit meines Benehmens wächst. Die Übung ist, Scham nur dort wirken zu lassen, wo sie mir sinnvoll scheint und dient. Mit meiner Eifersucht zu spielen statt sie zu verstecken ist ein anderes authentisches Beispiel. Meine ganze Geilheit in gleicher Weise bei passender Gelegenheit sein zu lassen, das fühlt sich noch gebremst an und möchte frei gelassen sein. Mich in Angst lebendig zu fühlen und mit Mut zu entscheiden und handeln wächst. Da bin ich ja wieder gelandet bei dem, was Tantra im Alltag eher innerlich für mich ist. Das war gar keine Absicht. Ist das jetzt die so oft gehörte tantrische Absichtslosigkeit?

 

Text: Stefan Knaak

Website: www.meditation-und-mehr.net

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Stefan Knaak

Stefan Knaak, Jg. 1959, Ingenieur, Art of Being Teacher und Lomi-Bodyworker. Selbsterfahrung in Biodynamik, Hakomi, Traumatherapie, Männerarbeit. Trainings bei Alan Lowen und Saleem Matthias Riek, Lomi Training mit Ludwig Sandner. Private AUM, Lomi- und Tantra-Gruppen in Karlsruhe.

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